Fährmann Geschäftsführerin Elsa Pieper (EP) traf Ende November auf dem Herbstmeeting des AMC Branchennetzwerks für die Assekuranz mit Stephan Bongwald (SB), Nachhaltigkeitsbeauftragter der Barmenia Versicherungen zusammen. Ziel der Nachhaltigkeitsexperten, beide Partner im AMC-Netzwerk, war es, branchenübergreifendes Know-How aus Beratersicht mit den konkreten Erfahrungen eines Versicherers gemeinsam zu präsentieren. Hier der zweite Teil ihres PingPong-Gesprächs, in das sich das Publikum mit seinen Fragen einklinken konnten.

SB: Wie sollten Unternehmen vorgehen, die in Sachen Nachhaltigkeit ganz am Anfang stehen?

EP: Ich sehe hier drei wesentliche Punkte:

  1. Ganz wesentlich ist ein klares Signal der Unternehmensleitung, DASS Nachhaltigkeit auf die Agenda gehört.
  2. Dann sollte man als Verantwortlicher schauen, wo die Stärken des Unternehmens liegen, was bereits unternommen wird. Vieles ist ja schon da – man muss es „nur“ systematisch zusammenführen. Und dann möglichst bald konkrete Erfolge nachweisen. Also Quick Wins, z.B. Kosteneinsparungen durch Energiesparmaßnahmen.
  3. Nachhaltigkeit betrifft alle Aspekte des unternehmerischen Handelns. Daher sollte man zeitig die relevanten Handlungsfelder bestimmen, mit denen man die größte Hebelwirkung erzielt – und das ist natürlich im Kerngeschäft der Fall: Wo können wir Geld sparen? Was können wir tun in Sachen nachhaltige Investitionen? Wo liegen Potenziale für nachhaltige Produktinnovationen und wie vermarkten wir sie reputationswirksam? Wie steigern wir durch Nachhaltigkeit das Engagement unserer Mitarbeiter, ebenso wie die Loyalität unserer Kunden? Und das alles muss natürlich durch Daten gestützt werden.

EP: Für das Geschäftsjahr 2017 werden Versicherer mit mindestens 500 Mitarbeitern verpflichtet, nichtfinanzielle Informationen zu veröffentlichen. Was halten Sie davon?

SB: Es ist logisch, dass internationale Abkommen irgendwann zu gesetzlichen Vorgaben führen, wenn die Unternehmen und auch Privatpersonen sich nicht selbst bewegen. Der Vorteil ist, dass Unternehmen, die sich bislang zu diesen Themen nicht so viele Gedanken gemacht haben, jetzt aktiv werden müssen. Denn, wenn man nichts leistet, kann man auch nichts berichten. Der öffentliche Druck nimmt definitiv zu.

EP: Wie bereiten Sie sich auf die Berichtspflicht vor und was empfehlen Sie Ihren Kollegen aus den anderen Häusern?

SB: Da wir in unseren Nachhaltigkeitsberichten schon Kennzahlen berichtet haben, die über die gesetzliche Pflicht hinausgehen, können wir uns entspannt zurücklehnen. Aber auch hier sehen wir noch Potenzial. Deshalb läuft derzeit ein Projekt mit Masterstudenten, die uns beim Prozess der neuen Pflicht unterstützen.

SB: Frau Pieper, wo sehen Sie prinzipiell die Herausforderungen und auch die Chancen bei einer nachhaltigen Ausrichtung?

EP: Im letzten Jahr wurde mit den Sustainable Development Goals und dem Pariser Klimaabkommen der Rahmen für die zukünftige globale Entwicklung gesetzt. Nachhaltigkeit hat längst Einzug gehalten in die Entscheidungsprozesse von Anlegern, Gesetzgebern und Kunden, und liegt im ureigensten Interesse der Versicherer. Kürzlich forderte der europäische Verband Insurance Europe ein breites Engagement für die genannten Klimaziele.
Nachhaltigkeitsmanagement soll Risiken reduzieren, soziale und ökologische Anforderungen erfüllen und sich mit der Zeit auch wirtschaftlich auszahlen. Eine anspruchsvolle Aufgabe. Es gibt aber bereits erste praxisorientierte Instrumente, etwa um zu messen, wie umsatzwirksam Nachhaltigkeit ist.

Knackpunkte tauchen wie immer bei der Umsetzung auf, denn auch hier steckt der Teufel im Detail, etwa in Form von Dilemmata und Trade offs. Z.B. wenn ein wirtschaftlich hochinteressantes Investitionsprojekt mit ernsthaften ökologischen Bedenken einhergeht oder wenn ökologische Produkte teurer sind als konventionelle. Deshalb sind Werte und Leitlinien so wichtig – gestützt durch eine klare Ansage der Unternehmensführung.

Dabei ist es gut zu wissen, dass kein Unternehmen zu 100% nachhaltig wirtschaften kann. Aber man kann versuchen, sich dem Ideal schrittweise zu nähern – und dabei sehr erfolgreich sein. Nachhaltigkeit ist keine Raketenwissenschaft, erfordert allerdings eine klare Richtung, Ressourcen und eine offene Kultur. Und zuweilen auch engagierte Impulsgeber von außen.

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