Fährmann Geschäftsführerin Elsa Pieper (EP) sprach Ende November auf dem Herbstmeeting des AMC Branchennetzwerks für die Assekuranz zusammen mit Stephan Bongwald (SB), dem Nachhaltigkeitsbeauftragten der Barmenia Versicherungen, über die Chancen von Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche. Ziel der Nachhaltigkeitsexperten, beide Partner im AMC-Netzwerk, war es, branchenübergreifendes Know-How aus Beratersicht mit den konkreten Erfahrungen eines Versicherers gemeinsam zu präsentieren. Nach ihrem Dialog, dem eine Einleitung durch Prof. Schradin von der Universität Köln voranging, gingen sie auf die Fragen des Publikums ein.

Wir haben in einer zweiteiligen Serie die wichtigsten Informationen zusammengetragen:

EP: Der AMC hat zwei Studien zur unternehmerischen Verantwortung in der Assekuranz durchgeführt. Beide Male ging die Barmenia als Vorreiter hervor. Wie haben Sie dieses beachtliche Niveau erreicht?

SB: Das 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit wird in allen Prozessen der Barmenia berücksichtigt. Dabei ist uns die Ganzheitlichkeit wichtig, denn die Säulen dürfen nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. In diesem Zusammenhang hilft es, dass der Barmenia-Vorstand das Thema auf den Weg gebracht hat und unterstützt.

EP: Inwieweit gibt es denn noch Verbesserungspotenzial bei der Barmenia?

SB: Man muss sich von dem Gedanken frei machen, dass man in Sachen Nachhaltigkeit 100 Prozent erreichen kann. Nachhaltigkeit ist der Weg und nicht das Ziel.

EP: Sie erklären auf Ihrer Internetseite www.nachhaltige-versicherung.de, was die Barmenia unter Nachhaltigkeit versteht. Was hat Sie dazu bewogen, so viel Transparenz zu zeigen?

SB: Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Thema, das die Barmenia oder einzelne Unternehmen betrifft, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und Aufgabe. Wir haben eine gute Positionierung erreicht, wo es gilt, weitere Multiplikatoren zu gewinnen. Dies schaffen wir hoffentlich durch die Kommunikation im Internet und mit unserer Nachhaltigkeitsberichterstattung.

SB: Frau Pieper, wo sehen Sie als Nachhaltigkeitsexpertin den kommunikativen Vorteil für Versicherer?

EP: Aus Kundensicht betrachtet, hat die Entscheidung für eine Versicherung viel mit Vertrauen zu tun. Das liegt vor allem an den Informationsasymmetrien. Viele potenzielle Kunden wissen nicht, worin genau sich die einzelnen Angebote unterscheiden: Ist eine Hausratversicherung nicht gleich Hausratversicherung? „Natürlich nicht“, werden Versicherer dagegen halten. Denn intern kennt man die feinen, aber relevanten Unterschiede, z.B. beim Service.

Ich als Kundin denke vor allem ans Kleingedruckte. Hand aufs Herz, spannende Lektüre geht anders. Und viele sind schlicht überfordert. Verständlichkeit ist und bleibt ein großes Thema für Versicherer. Fakt ist: Bei vielen Kunden bleibt ein Gefühl der Unsicherheit, das durch „vertrauensbildende Maßnahmen“ reduziert werden sollte.

Vertrauen fungiert als soziale Währung. Es basiert auf positiven Erfahrungen oder persönlichen Beziehungen, z.B. wenn Kunden ihren Versicherungsvertreter persönlich kennen. Wenn aber immer mehr Produkte übers Internet vertrieben werden, entfallen diese Bindungen, und das Unternehmen als Ganzes muss sich „vertrauens-würdig“ zeigen.

Hier kommen einerseits unabhängige Dritte ins Spiel, bspw. Focus Money oder Stiftung Warentest. Oder auch Kundenbewertungen wie etwa über ekomi. Daneben müssen die Versicherer selbst das Vertrauen ihrer Kunden stärken, etwa indem sie Transparenz schaffen und offenlegen, in welcher Form sie gesellschaftliche Verantwortung tragen. Gerade weil ein unabhängiges Nachhaltigkeitssiegel für Versicherer bislang auf sich warten lässt, sollten Versicherer eigene Kommunikationskanäle nutzen: in Nachhaltigkeitsberichten, Presseinterviews des Vorstands, über die Website, die Mitarbeiter, bei Events oder durch Teilnahme an Wettbewerben wie dem renommierten Deutschen Nachhaltigkeitspreis.

EP: Stichwort Nachhaltigkeitsbericht. Wieso haben Sie sich entschieden, schon für das Jahr 2009 einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen?

SB:  2008 haben wir beim erstmalig veranstalteten Wettbewerb um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis einen Sonderpreis gewonnen. Für die Bewerbung haben wir viele Broschüren über nachhaltige Produkte, zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und vieles mehr zusammengetragen. Der Preis hat uns motiviert, eine eigene Nachhaltigkeitsbroschüre zu veröffentlichen. Ich habe mich dann erstmalig mit den Kennzahlen der Global Reporting Initiative beschäftigt und unseren Vorstand überzeugt, dass dies der richtige Weg der Kommunikation ist.

Weiter zum zweiten Teil.