Der Monat September war von zwei wichtigen Ereignissen zum CSR-Reporting gekennzeichnet, die die Nachhaltigkeits-Community im deutschsprachigen Raum mit Spannung erwartet hatte.

1. Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2015

Nach vierjähriger Pause veröffentlichten das IÖW (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung gGmbH) und future e.V. wieder das Ranking der Nachhaltigkeitsberichte deutscher Unternehmen. Auf Herz und Nieren untersucht wurden Berichte aus den zwei Kategorien “Großunternehmen” und “KMU”. Das Ranking erscheint seit 1994 und gilt als zuverlässiger Gradmesser für wichtige Veränderungen und Trends in der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Im aktuellen Wettbewerb erfasst wurde das CSR-Reporting von 79 Großunternehmen und die von 165 KMU. Den Olymp der besten Konzernberichte erklommen auch dieses Mal wieder die Altmeister von BMW, die bereits im letzten Ranking von 2011 den 1. Platz belegten; Miele erreichte Rang 2 und die KfW Rang 3.

Bei den KMU hatten der Lebensmittelhersteller Lebensbaum (Ulrich Walter GmbH), die Vaude Sport GmbH & Co. KG und die Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG die Nase vorn.

Faktisch hat sich der GRI G4 bei den Großunternehmen als Pflichtstandard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert und auch 70% der teilnehmenden KMU orientierten sich mehr oder weniger eng an den GRI-Leitlinien.

Bei den Berichtsformaten zeigt sich eine stärkere Differenzierung, was beweist, dass sich die Berichterstatter zunehmend an den unterschiedlichen Informationsbedürfnissen der Anspruchsgruppen orientieren. Investoren oder NGO wünschen Informationen in einer anderen Inhaltsbreite, Detailtiefe und Sprache als Kunden oder potenzielle Mitarbeiter. Neben dem kennzahlenbasierten GRI-Bericht erstellen daher immer mehr Konzerne auch Journale oder Magazine, die Nachhaltigkeitsthemen anhand von Storytelling und Reportagen kontextualisieren und so mit Leben füllen.

Die Großunternehmen verzichten zunehmend auf Print- zugunsten von flexibleren Online-Formaten. Der Trend zeichnet sich bei KMU nur langsam ab, es ist jedoch zu erwarten, dass auch sie in den kommenden Jahren immer mehr auf Online umsatteln werden. Wir befürworten diese Entwicklung mit Blick auf die natürliche und wirtschaftliche Ressourcenschonung und eine wirksamere Zielgruppenansprache ausdrücklich.

Luft nach oben: Verbesserungspotenziale werden den Berichterstattern bei der Darstellung der Stakeholdereinbindung, der Zielsetzungen, der Mitarbeiterbelange und der gesellschaftlichen Auswirkungen des Geschäfts bescheinigt. Im Mittelpunkt der Kritik zur gängigen Berichtspraxis steht vor allem die noch immer schwache Transparenz in den Lieferketten vieler Unternehmen.

In den betreffenden Branchen (z.B. Handel, Konsumgüter) erhöht sich einerseits die Informationsnachfrage der Stakeholder zu sozialen und ökologischen Auswirkungen in den Lieferketten, andererseits fehlen oft noch immer durchgreifende Ansätze für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement, ebenso wie geeignete Systeme zur Risikobewertung und zur Erfassung relevanter Fakten. Dementsprechend “dünn” ist die Datenlage. Sicher, die hohe Komplexität des Themas ist angesichts globaler Lieferantenbeziehungen und etlicher Vorstufen unbestritten. Genauso unbestritten ist zugleich das Phänomen des Lieferanten-Squeezings, wie die auf Supply Chain Management spezialisierte BWL-Professorin Evi Hartmann in ihrem aktuellen Buch “Wie viele Sklaven halten Sie” eindrücklich beschreibt.

Doch Vorreiter wie Adidas, Otto und Puma unter den Großunternehmen sowie Alnatura, Hessnatur, Hochland, Lebensbaum und Vaude unter den KMU beweisen, dass es auch anders geht. Andere Anbieter müssen damit rechnen, früher oder später an deren Beispiel gemessen zu werden. Womit nachhaltige Lieferketten auf der Agenda künftig ein gutes Stück weiter nach oben rutschen dürften.

2. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur CSR-Berichterstattung

Am 21. September erschien der Regierungsentwurf zur Umsetzung der EU CSR-Berichtsrichtlinie (2014/95/EU), die bis spätestens 6. Dezember in deutsches Recht umgesetzt werden muss.*

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass große Unternehmen von öffentlichem Interesse, d.h. kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen mit mindestens 500 Beschäftigen über Arbeitnehmer-, Sozial- und Umweltbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Korruptionsbekämpfung, aber auch zur Diversität in den unternehmerischen Leitungs- und Aufsichtsorganen berichten sollen.

Laut Bundesanzeiger sind bundesweit 548 Unternehmen von der Regelung betroffen. Gerade für die kapitalmarktorientierten Unternehmen gehört CSR-Reporting längst zum guten Ton, doch eine ganze Reihe weiterer Unternehmen muss laut IÖW/future noch ihre Hausaufgaben machen. Für sie wird es knapp, denn die Regelung greift bereits ab dem Geschäftsjahr 2017.

 

*Nachtrag vom 19. Dezember 2016: nachdem die genannte Frist für die Umsetzung der CSR-Berichtspflicht durch den Bundestag und Bundesrat nicht eingehalten wurde, heißt es in einer aktuellen Meldung des RNE (Rat für nachhaltige Entwicklung), dass mit der Verabschiedung des Gesetzes zu Beginn des neuen Jahres gerechnet werden kann.